Sonntagsgruß 21.4. - Predigtreihe Protest

PREDIGTREIHE - PROTEST!

THEMA: Pressefreiheit - Berichterstattung mit Protestpotential

Die UN-Generalversammlung hat den 3. Mai zum Tag der Pressefreiheit deklariert, der seit 1994 jährlich begangen wird. Er soll auf die Bedeutung einer freier Berichterstattung für funktionierende Demokratien hinweisen.

    Nicht erst seit der Antike ist die Widersprüchlichkeit zwischen objektiver Wahrheit und dem, was der Öffentlichkeit als Wahrheit vermittelt werden soll, abhängig von Meinungsmachern. Wer Meinung macht, hat Macht. Dieser Grundsatz zieht sich bis heute durch. Wer Macht hat, kann sich Meinung zurechtbiegen.

    In autoritären Staaten spielen Journalisten meist eine untergeordnete Rolle im wahrsten Sinne des Wortes. Wer nicht die Meinung der Autoritäten wiedergibt, lebt gefährlich. Wir brauchen gar nicht nur auf außereuropäische Länder verweisen, wenn wir von eingeschränkter Pressefreiheit sprechen. →

→ Auch in Europa ist es in manchen Ländern nicht gut darum bestellt. Besonders gefährlich leben investigative Journalisten, die Skandalen auf der Spur sind, die Mächtigen oder dubiosen Netzwerken Ungemach bereiten können. Etwa in Malta, Italien und der Slowakei bezahlten Journalisten für ihre Recherchen mit ihrem Leben. Ungarn, Polen, aber auch manche Balkanländer haben Gesetze erlassen, die freie Pressearbeit teilweise schwer behindern.
    
    Selbst in Deutschland und Österreich ist nicht alles eitel Wonne. Hier wird gern auf sogenannte Einschüchterungsklagen (SLAPP) gesetzt, um Aufdecker mundtot zu machen. Dabei gefährden hohe Klagssummen die Existenz allzu vorwitziger Öffentlichkeitsarbeiter. Österreich ist kein Land der Seligen in Sachen Pressefreiheit. Versucht doch Politik und Wirtschaft teilweise ungeniert die Berichterstattung einzuhegen und Medien an die Kandare zu nehmen. Etwa in Form unterschiedlicher Interventionen in Redaktionen und bei Herausgebern - oder über beschränkende Gesetze. Österreich rutschte übrigens im Ranking der Pressefreiheit vom 17. (im Jahr 2021) auf den 31. (2022) bzw. auf den 29. Platz (2023) ab – im Vergleich mit 180 Ländern.
    
    Zum Glück gibt es noch immer mutige Journalisten und Verlage die sich nicht einschüchtern lassen und unangenehme Wahrheiten ans Licht bringen. Manchmal spielt Zufall bei der Aufdeckung von fragwürdigen Machenschaften eine Rolle. Übrigens: Selbst Kirchen als gesellschaftliche Institutionen sind bekanntlich nicht immer Freunde transparenter Berichterstattung.

        Es gibt auch die andere Seite: Nämlich wenn in sogenannten „sozialen“  (aber durchaus auch in etablierten) Medien falsche Nachrichten verbreitet werden. Entweder, weil schlecht recherchiert wurde und/oder weil vorsätzlich Stimmung erzeugt werden soll.

    So gesehen, ist Pressefreiheit sehr differenziert zu betrachten und ein heikles Pflänzchen mit hohem Pflegebedarf.

Lektor Werner Pelz

Zuletzt bearbeitet am: 19.04.24, 15:33
Geschrieben von: anpe