Predigt Chalupka - Download als PDF
Doch ist ja seine Hilfe nahe denen, die ihn fürchten, dass in unserm Lande Ehre wohne;
dass Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen; dass Treue auf der Erde wachse und Gerechtigkeit vom Himmel schaue;
Psalm 85, 10-12
Liebe Gemeinde zwischen Himmel und Erde,
Noch ist die Himmelfahrt nicht lange vergangen, noch bewegt es sich zwischen Himmel und Erde. Da braust es und saust, und säuselt und rauscht es. Da kann nichts still und starr bleiben. Da nimmt die Erde Verbindung auf mit dem Himmel, da denken wir an die Auffahrt des Auferstandenen in den Himmel. Treue und Friede wachse auf der Erde, Treue soll wachsen, von unten nach oben wollen wir wachsen und ausstrecken, Treue, Verlässlichkeit Vertrauen sollen wachsen unter uns, wachsen und groß werden, sodass es der Himmel bemerkt. Groß soll die Verlässlichkeit, die Treue unter uns werden. So groß, dass sie aus dem Himmel mit freiem Auge zu erkennen ist. Treue und Friede soll wachsen auf der Erde.
Dann gerät auch der Himmel in Bewegung, und Gerechtigkeit schaut vom Himmel. Nur dann können sich Friede und ja auch küssen. Der Himmel ist interessiert an uns Menschen, die wir da wachsen, die Gerechtigkeit lehnt sich herab aus ihrem Himmelsfenster und schaut genau, was auf Erden geschieht.
Erde und Himmel schauen sich an. Sie wenden sich einander zu, einer wendet sich zum anderen. Das wollen wir ihnen nachmachen. Wenden wir uns einander zu. Schauen sie ihren Nachbarn an. Schauen sie nicht zu mir, sondern schauen sie ihre Nachbarin an, und sagen sie mit mir: „ Eines sage ich Dir: „ Auf mich kannst Du dich verlassen, Treue und Friede soll auf Erden wachsen!"….
Dann wenden sie sich ihrem anderen Nachbarn zu, ja genau jede hat zwei Nachbarinnen, und sprechen sie mit mir: „ Eines sage ich Dir: Der Himmel über uns gehört dir und mir gemeinsam!, denn Gerechtigkeit schaut vom Himmel!"
Auf die Diakonie kannst du dich verlassen
„auf mich kannst du dich verlassen!", das haben wir einander zugesagt. Das sollte doch selbstverständlich sein, mag sich manch eine denken. Und es stimmt auch. Treue und die Verlässlichkeit, die sind die Fäden aus denen die Diakonie gewebt ist. 24 Stunden am Tag muss Verlass sein darauf, dass jemand da ist, wenn der Magen knurrt in der Früh, es muss Verlass sein darauf, dass die Werkstatt aufsperrt, dass die Dienstwechsel klappen und jemand kommt, wenn man ihn dringend am Krankenbett braucht. 24 Stunden am Tag arbeitet die Diakonie am sozialen Frieden. Doch Verlässlichkeit ist nur ein Faden im Gewebe, daraus wachsen Vertrauen und Treue, vertrauen in die Hände, die einem helfen bei notwendigen Verrichtungen im Alltag, beim Waschen und Anziehen, vertrauen in die Stimme, die ermuntert und berät, die bestärkt und einen Witz reißt, aus dem Vertrauen wächst Treue, wächst Beziehung zwischen alle denen, die in und mit der Diakonie leben und arbeiten, die da sind und vorbeikommen. Friede, Verlässlichkeit, Vertrauen und Treue sind die Fäden aus denen der Stoff der Diakonie gewebt ist. Wächst die Treue, dann hält die Verlässlichkeit und das Vertrauen und der Stoff der Diakonie reißt nicht.
Gerechtigkeit ist Diakonie
Heute ist der Tag der Bewegung. Wir wachsen in den Himmel und die Gerechtigkeit neigt sich herab zu uns aus ihrem Himmelsfenster. Wenn die Gerechtigkeit aus dem Himmel schaut, dann stellt sie auch immer die eine große Frage! Wie gerecht geht es zu auf der Erde? Die Gerechtigkeit freut sich, wenn sie sieht, dass Vertrauen, Treue und Verlässlichkeit auf der Erde wachsen, aber sie fragt auch nach der Gerechtigkeit? Und es gefällt ihr nicht, was sie sieht. Es gefällt ihr nicht, wenn sie sieht wie die Schere zwischen Arm und Reich auseinandergeht, es gefällt ihr nicht, wenn der Norden auf Kosten des Südens lebt und es gefällt ihr nicht, wenn Vorurteile regieren und der eine sich dem anderen überlegen fühlt, weil er das Glück hatte in Europa und nicht in Afghanistan oder Nigeria geboren zu sein. Das wissen wir Christinnen und Christen und wir in der Diakonie besonders. Sind die Treue und Verlässlichkeit der ruhige alltägliche Ton der Diakonie, so ist die Gerechtigkeit, die oft scharfe Stimme, die nach Veränderung rufen muss. Diakonie ist nie nur Hilfe, sondern immer auch Hilfe unter Protest, die nach der Veränderung ruft.
Ich predige immer, dass es keine Menschen erster und zweiter Klasse geben sollte. Ich empfinde tiefe Traurigkeit darüber, dass viele dieser Menschen keine Möglichkeit haben, sich weiter zu entwickeln. Es reicht oft kaum zum Leben. (bis 24:50) Die Hauptursache für diese Probleme ist die soziale Ungerechtigkeit. Die Kirche will keine Gewalt und keinen Hass. Sie predigt den Frieden. Aber sie sagt dazu, dass dieser Friede ohne Gerechtigkeit nicht möglich ist. (bis 25:07)
Oscar Arnulfo Romero
Doch das ist der Gerechtigkeit heute nicht genug, sie beugt sich herab aus ihrem Himmelsbett und stellt weitere Fragen: „Was heißt das für euch, wenn ihr einander versprecht: Der Himmel über uns gehört mir und dir gemeinsam?" Wir sind alle unter einem Himmel. Wie sieht die Gerechtigkeit unter euch aus?
Sie süßesten Früchte
Um euch das deutlich zu machen, würde ich euch jetzt gerne das Lied von Peter Alexander und Leila Negra aus den 50er Jahren, wenn ich mich denn traute, vorsingen, in dem einen Entenmama ihrem Küken die Welt erklärt. Das Küken wollte sich mit der Auskunft, dass sie immer nur Salat essen müsse nicht zufrieden geben, es wollte auch Kirschen essen. Sie alle kennen die Antwort der Frau Mama.
„Die süßesten Früchte fressen nur die großen Tiere,
nur weil die Bäume hoch sind und diese Tiere groß sind.
Die süßesten Früchte schmecken Dir und mir genauso,
doch weil wir beide klein sind, erreichen wir sie nie.
Interessant ist allerdings, dass das Entlein sich mit der mütterlichen Antwort nicht abfinden wollte.
„Das Entelein weinte und klagte gar sehr,
es trug sein gegebenes Schicksal nur schwer.
Doch als es dann groß war, da ging es mit einem Bericht
vors hohe Gericht.
"Die Großen", so sagte es, "fressen ganz keck
den kleinen die Kirschen und Sonstiges weg.
Sie alle beanspruchten darin das nämliche Recht."
"Was sind das", sprach die Maus, "für dumme Faxen?
Die Kleinen müßten dann doch erst mal wachsen!"
Aus diesem Lied können wir viel über Gerechtigkeit lernen. Wir lernen auch das Entenküken sich nichts gefallen lassen und Mäuse dumm sind. Denn das Küken hat recht, die Großen beanspruchen nur das Recht, sie haben nicht recht. Die Kirschen auf den hohen Bäumen gehören, dir und mir genauso auch wenn wir nicht so groß sind und auch nicht mehr wachsen werden. Gerechtigkeit ist dann, wenn die großen Leitern bauen, dass sie auch zu den Kirschen gelangen können. Denn die Kirschen sind allen geschenkt, wie der Himmel über uns allen geschenkt ist. Wir haben nur unterschiedliche Voraussetzungen zu Himmelstürmern zu werden, die einen sind schnell, die anderen brauchen länger, die einen sind wendig, die anderen drehen ihre Runden mit einem Rollstuhl, die einen können dichten und denken, die anderen nur Konzerne lenken. Gerechtigkeit herrscht dann, wenn alle ihre Freiheiten, die sie von Gott geschenkt bekommen haben nutzen und gebrauchen können und sie keine dummen Barrieren davon abhalten können. Die Bibel nennt das Gerechtigkeit, die vom Himmel schaut, heutzutage sprechen wir von Inklusion, die jedem und jeder mit welchen Voraussetzungen sie auch immer geboren sind die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft ermöglicht. Da haben wir auch als Diakonie noch viel zu tun, um nicht in das Lied von den unerreichbaren Kirschen miteinstimmen zu müssen.
Gerechtigkeit auf Erden, Treue im Himmel
Heute ist der Tag der Bewegung. Wir wachsen in den Himmel und die Gerechtigkeit neigt sich herab zu uns aus ihrem Himmelsfenster! Aber halt wenn Himmel und Erde in Bewegung sind, dann bewegen sich auch Treue und Gerechtigkeit. Der Himmel ist treu. Gott ist verlässlich, wir können ihm vertrauen, ersteht dazu uns alle Chancen zu ermöglichen, er schenkt uns Kirschen und Salat, die Reichtümer der Erde und Freunde und Freundinnen. Und er lässt uns wachsen in Treue, Verlässlichkeit du Vertrauen auf Erden, aber er gibt uns auch die Kraft die Gerechtigkeit nicht nur im Himmel zu lassen. Wir haben täglich Gelegenheit an der Gerechtigkeit zu bauen, Barrieren einzureißen, die Menschen davon abhalten sich am Leben in Fülle zu beteiligen. Wir haben die Chance Strukturen aufzubauen, die Menschen die Teilhabe an demokratischen Prozessen ermöglichen und sich zu bilden. Treue und Gerechtigkeit sind ein Geschwisterpaar. Der englische Statistiker Wilkins hat nachgewiesen, dass Menschen, die in Gesellschaften leben, in denen der Wohlstand gleichmäßiger verteilt ist, die also in gerechteren Gesellschaften leben, auch angeben zu ihren Nachbarn und Mitbürgern größeres Vertrauen zu haben. In Gesellschaften in denen Wohlstand und Reichtum ungleich verteilt sind herrschen hingegen Angst und Misstrauen.
Die Beter des Psalms haben das schon vor mehr als 2000 Jahren gewusst. Friede und Gerechtigkeit sollen sich küssen und Vertrauen soll wachsen auf Erden himmelwärts, dass Gerechtigkeit herabschaue vom Himmel.
AMEN