Predigt Elisabeth Kerschbaum

Predigt von Elisabeth Kerschbaum zum Thema Schöpfungsverantwortung

Macht euch die Erde untertan

Gott hat uns Menschen mit dieser Ansage eine große Macht und Verantwortung gegeben. Ich habe mich schon oft gefragt, ob er sich da nicht in uns geirrt hat. Dass wir dieser Verantwortung nicht gewachsen sind – nur die Zeitung aufschlagen, um zu erkennen.

-         Die Menschen quälen Tiere, weil es billiger und hygienischer ist

-         Die Menschen vergiften  und vergeuden Boden und Wasser, weil das, was kreucht und fleucht auch lästig sein kann

-         Die Menschen ändern das Wetter, wenn es grad nicht ins Konzept passt – und unabsichtlich, weil unser Hunger nach Energie so groß ist.

Keine/r von uns würde das tun, was „wir Menschen“ als Gesamtheit tun – anonym, unerkannt, global.  Niemals würde ein einzelner Mensch die Lebensgrundlagen seiner Nachkommen absichtlich zerstören – doch als Glied in der Kette trägt jeder von uns zu dieser Zerstörung bei.

Hat Gott uns zu viel zugetraut? Schaffen wir es nicht, uns die Erde untertan zu machen, ohne sie zu zerstören?

George Carlin, amerikanischer Kabarettist, hat in einem seiner Auftritte sehr heftig mit Umweltschützern abgerechnet. – meine Übersetzung – gekürzt und zensuriert, er sagt:

Diese Arroganz: jeder rettet etwas. Rettet die Bäume, rettet die Bienen, rettet die Wale – und die größte Arroganz von allen: Rettet die Welt!
Wir sollen die Welt retten? Was? Wollen die mich zum Narren halten? Wir sind nicht einmal fähig, auf uns selbst aufzupassen! Wir haben nicht gelernt, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Und wir sollen den Planeten retten?

Und er hat leider Recht damit:

Dass wir die Welt retten können, ist wahrscheinlich wirklich ein zu hoher Anspruch. Aber wir könnten mal beginnen,  aufeinander Rücksicht zu nehmen und auf uns selbst aufzupassen.

George Carlin sagt: Diese Menschen sorgen sich nicht um die Erde – wissen Sie, worum die sich sorgen? Sie wollen einen sauberen Platz zum Leben!  Es ist nichts falsch mit der Erde – der Erde geht’s gut! Wir Menschen sind in Gefahr!

 

-         Wir gehen mit Tieren um, als könnten die keinen Schmerz empfinden. Und um uns die Hände nicht schmutzig zu machen, töten wir sie mit Gas. Beim Essen wollen wir bloß nicht daran denken. „Koscheres“ Fleisch ist schwer zu bekommen, mühsam – einfacher ist es aus dem Regal im Supermarkt

-         Wir wissen, dass wir Böden und Wasser mit Planzenschutz- und Düngemitteln ruinieren – gerade in Korneuburg wissen wir das – aber Bio ist ja nur ein Schmäh und sowieso zu teuer.  Nein, wir wollen nicht zurück auf die Bäume.

-         In gerade mal 200 Jahren haben wir die fossilen Brennstoffe aufgebraucht, die in Millionen Jahren entstanden sind. Und wenns darum geht, unserer nachfolgenden Generation die Erneuerbaren Energien als Ausgleich zu entwickeln, ist uns das zu teuer – das können oder wollen wir uns dann nicht leisten, jedenfalls nicht so schnell!

Natürlich wissen wir, dass das alles nur faule Ausreden sind. Deshalb plagt uns auch oft das schlechte Gewissen – und wir fühlen uns hilflos.

Warum sind wir Menschen insgesamt so anders, als jeder einzelne von uns?

Jede/r einzelne von uns kann Verantwortung übernehmen: schon Kinder kümmern sich aufopfernd um ihre Haustiere – zumindest eine zeitlang. Jede/r einzelne von uns kümmert sich um seine und ihre Familie, um die Freunde, um die Kollegen – hilft, wenn es notwendig ist.

Gott hat uns nicht zu viel zugetraut: jeder einzelne von uns kann mit Verantwortung und Macht umgehen – hat jede/r von uns nur einen kleinen Anteil von dieser Macht und Verantwortung – so klein, dass wir ihn manchmal gar nicht erkennen.

Vielleicht ist es auch deshalb so wichtig, dass die Bibel uns an diese Macht und Verantwortung erinnert: Er hat uns die Herrschaft über den Planeten übertragen. Herrscher, die ihre Macht und Verantwortung missbrauchen, werden üblicherweise nicht alt. Herrscher müssen Acht geben auf ihre Untertanen, weil sie sonst nichts mehr zu herrschen haben. Jede/r einzelne von uns – und wir als Gesamtheit – müssen Schöpfungsverantwortung übernehmen.

Wir wissen immer mehr – aber wir begreifen immer weniger. Der Hausverstand sagt uns, dass sich etwas ändern wird, dass sich etwas ändern muss. Aber wir spüren es noch nicht. Rundherum ist die Welt ja noch in Ordnung.

-         Wir kennen weder die Kinder, die unsere Turnschuhe zusammennähen,

-         noch die ArbeiterInnen, die sich beim Bananenpflücken oder bei der Blumenernte vergiften.

-         Wir haben auch nicht die 80.000 Japaner kennengelernt, die 1 Jahr nach der Atomkatastrophe in Fukushima noch in Notunterkünften hausen.

Wir kennen sie nicht – wir haben vielleicht mal eine Dokumentation gesehen – aber wir kennen sie nicht. Wir sind uns unserer Macht und Verantwortung viel zu oft nicht bewusst! Wir denken an 1 Mrd Chinesen und dass wir ja nichts beeinflussen können.

Wir geben gerne Macht ab – an die Politik, an die Wissenschaft, an die Technik. Wir sehen uns nicht im Stande, alle Entscheidungen selbst zu treffen. Wir lassen uns auch gern beherrschen.

Ich bin ein politischer Mensch. Mich treibt die Angst, dass meine Kinder mich mal fragen: Warum hast du zugeschaut und mitgemacht? – und ich kann es ihnen nicht erklären. Und ich bin die Letzte, die den ersten Stein werfen dürfte!

Ich habe Macht übernommen – obwohl ich mich oft sehr ohnmächtig fühle. Und obwohl auch für mich das Wort Macht einen unanständigen Beigeschmack hat. Macht an sich ist nichts unanständiges – wir alle haben Macht: Die Macht der Liebe kann Berge versetzen.

Saint Exuperie: Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Menschen die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer.

Ich glaube, dass die meisten von uns diese Sehnsucht schon spüren. Und ich bin überzeugt davon, ich glaube, dass wir Menschen fähig sind, uns die Erde untertan zu machen, ohne sie zu zerstören. Wir müssen die Macht wahrnehmen, die jeder einzelne von uns übernommen hat. Und wir dürfen nicht vor der Verantwortung davonlaufen, die Gott uns mit diesem Auftrag mitgegeben hat.

Zuletzt bearbeitet am: 24.09.12, 11:35